Manchmal ist man auch als „Experte in Sachen Kommunikation“ gut beraten, sich ruhig mal einen Schluck aus der Pulle der eigenen Medizin zu gönnen. Da tingelt man Tag ein Tag aus durch die Lande, predigt das hohe Lied von der Conversion Optimierung, der Macht von Relationship Marketing und welche wichtige Rolle klare, verständliche Worte dabei spielen und dann passiert einem das.

Sag, was du meinst, und du bekommst, was du willst.

Ausgestattet mit einem durchaus informativen und qualitativen Vortrag zu besagten Themen und mit mehr als erstklassigen Ergebnissen aus dem zurückliegenden Kundenprojekt, stehe ich vor meinem erwartungsvollen Publikum (rd. 20 Entscheider und Delegierte eines Kunden) um meine Präsentation vorzutragen und die Ergebnisse zu verkünden. Fünf Folien später und etwas mehr als einer gefühlten Ewigkeit, hängt der Raum voller Fragezeichen und in seiner Mitte ein Berg voller nicht dechiffrierter Informationspakete. Was aber weniger an etwaiger thematischen Unkenntnis meines Publikums liegt, sondern vielmehr an dem Verstoß des Präsentators gegen eine der wichtigsten Regeln im Kundendialog, nämlich die Kunst, die Sprache des Kunden zu sprechen (eine unserer 10 selbst verfassten goldenen Regeln für erfolgreiches Relationship Marketing).

Dumm gelaufen – top Ergebnisse, volle Zustimmung aber kein Wort verstanden

Da stand ich also, mit meinem (akribisch, in liebevoller Nachtarbeit entwickeltem) Vortrag (voller fachchinesischem Insider-Wissen) über die Kräfte die entstehen, wenn Conversion Optimierung auf SEO und Owned Media Strategy auf Relationship Marketing trifft. Sowie einigen sehr plausiblen, wenn auch nicht wenig provokanten Antworten auf Fragen wie zum Beispiel, warum man sich bei seiner SEM-Kampagnen nicht mit CtRs von unter 3% zufrieden geben sollte (kommen Sie jetzt bitte nicht auf die Idee uns mit der Optimierung Ihrer Kampagne unter dieser Vorgabe zu beauftragen, wenn Sie nicht wirklich bereit sind, alles Nötige zu tun, was dafür getan werden muss – wenn Sie das sind, dann freuen wir uns auf Ihren Anruf). Glauben Sie mir, dieser Kunde war bereit und hat dafür alles gegeben – und das Ergebnis kann sich sehen lassen: CtRs von bis zu 9%. Aber kommen wir zurück zum eigentlichen Thema.

„Moment, Moment, Moment Herr Schramm. Das klingt alles sehr interessant und wir glauben auch, dass das alles ziemlich gut und wichtig ist, aber könnten Sie es vielleicht so formulieren, dass wir es sprachlich und auch inhaltlich verstehen?“. Haben Sie schon einmal versucht, den digitalen, durch und durch von Anglizismen durchzogene Marketing-Kauderwelsch mehr oder weniger auf Zuruf für Ihr Publikum ad hoc zu übersetzten? Glauben Sie mir, das hat schon sehr was von Improvisationstheater.

Aber Spaß bei Seite. Es ist schon verblüffend (und wie ich finde manchmal schon ziemlich arrogant) wie selbstverständlich wir mit dem Fachjargon unserer Zunft nur so um uns schmeißen und erwarten, dass uns die halbe Welt (oder der nicht unerhebliche Teil davon, nämlich unsere Kunden) in diese (Sprach)Welt folgt.  Dabei vergessen nur allzu oft, wie dämlich wir selbst bei Fachvorträgen über, sagen wir zum Beispiel die Quantenphysik oder die Relativitätstheorie wahrscheinlich dastünden. Wir aber setzen voraus, dass uns unsere Kunden sprachlich auf Augenhöhe in der Welt des Social Webs, der Sharing Economy, der digital Natives und so weiter und so weiter begegnen (können).

Auch wenn es der Kundenbeziehung in diesem Fall keinen Abbruch getan hat und der Vortrag über weite Strecken sogar der allgemeinen Belustigung ob meiner verzweifelten Versuche Improvisationstheater aufzuführen beigetragen hat, lohnt es sich von Zeit zu Zeit darüber nachzudenken und sprachlich eher seinem Kunden statt der Zunft zu folgen.

Am Ende des Vortrags gab es dann aber doch noch einen kleinen, wenn auch liebevoll (und keineswegs bösartig gemeinten) Klapps auf den geschundenen (Berater)Hintern – kennen Sie vielleicht das Zitat aus dem YouTube-Clip „Virales Marketing im Todesstern Stuttgart“: „mit diesem Hühnerdreck triggern Sie doch keine einzige Purchase Decision“? Nein? Dann wünsche ich Ihnen viel Spaß dabei. Den gab unser Kunde am Ende meines Vortrags zum Besten! Ich für meinen Teil habe mich köstlich amüsiert.

Vielleicht haben Sie im Kundendialog schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Dann freue ich mich über Ihre Kommentare zu diesem Post. So oder so – Ifür die Zukunft wünsche ich Ihnen erfolgreiche und verständliche Kundendialoge – sprachlich auf Augenhöhe.

Pierre Schramm
CEO, SKA Network GmbH

 

Copyright Hinweis:

Der Inhalt dieses Artikels “Kundendialog – die Kunst einer gemeinsamen Sprache” ist urheberrechtlich geschützt und geistiges Eigentum der SKA Network GmbH. Wir erteilen hiermit die Genehmigung zum Kopieren und Vervielfältigen des Artikels im Web oder in Präsentationen, sowohl in Teilen oder als Ganzes – bitten aber ausdrücklich um die Nennung der Quelle bzw. um Setzen eines Backlinks auf diese Seite. Vielen Dank.

pierre.schramm@ska-network.com'

von Pierre Schramm

Pierre ist Experte für Digital Leadership und strategisches Marketing in den digitalen Medien. Er verfügt über langjährige Managementerfahrung in der digitalen Wirtschaft sowie in rennomierten Verlagshäusern.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert