„Wachgeküsst“ durch den einfach fabelhaften Beitrag von Philipp Klöckner „Von der Netz-Demokratie zum Google-Monopoly“ (Philipp, dafür nochmals vielen Dank) besann ich mich heute, einer Idee zum Thema „Integration des stationären Einzelhandels in die Google Shopping Suche (Local Shopping)“, die wir vor gut 3 Jahren (als quasi Abfallprodukt) im Rahmen der Entwicklung einer eCommerce-Strategie für einen nationalen Filialisten entwickelt hatten. Offen gestanden, damals konnten wir mit der Idee nicht wirklich viel anfangen. Aber jetzt, drei Jahre später, ist vielleicht ein guter Zeitpunkt, sich des Themas einfach nochmal anzunehmen.

Googles Weg in den lokalen Einzelhandel

Denn, ein kurzer Blick in die Google-Shopping-Suche zeigt, dass die Darstellung lokaler Shopping-Ergebnisse (zumindest unter qualitativen Gesichtspunkten) auch heute noch …

  1. in erster Linie der Produktkategorie Unterhaltungselektronik oder den großen Online-Shops vorbehalten ist und
  2. nicht sichergestellt ist, dass angezeigte lokale Geschäfte das gesuchte Produkt auch tatsächlich führen oder dieses aktuell vorrätig haben.

Eigentlich unverständlich, dass Google das Potential des Local-Shoppings bis heute (mit Ausnahme der Werbeerlöse durch Google Adwords vielleicht), noch nicht für sich erschlossen hat. Denn hier liegen meines Erachtens gleich mehrere potentielle Geschäftsmodelle für Google verborgen. Sowie die einmalige Chance, perspektivisch und dauerhaft, Consumer-Traffic nicht nur im Netz sondern ganz real und physisch vor Ort zu verteilen und dabei transaktionsbasiert an jeder Stelle mitzuverdienen.

Mit der Gratis-Strategie an jeder Stelle mitverdienen
Alles rein hypothetisch. Selbstverständlich.

Was wäre wenn … Google jedem (kleinen) stationären Einzelhändler ein kostenloses Warenwirtschaftssystem zur Verfügung stellen würde? Das zum Beispiel auf einem gratis bereitgestellten Google Nexus Smartphone oder Tablet daherkäme. Mit EAN- und QR-Code-Scanner ausgestattet, mit dem Artikel bei Wareneingang gelistet, quantifiziert und anschließend am Desktop (oder auf dem Tablet) bearbeitet werden können. Die erfassten Daten übermittelt das System just in Time an die Google Shopping-Suche (Geschäftsmodell: Product Listing Ads). Bedenkt man, a) Googles Suche-Marktanteil von derzeit 96%, b) dass schätzungsweise bereits 25% aller Suchen mobil erfolgen und c) 40-70% davon einen lokalen Bezug haben, wird einem das Erlöspotential für Google sehr deutlich.

Was wäre wenn … EAN- und QR-Code-Scanner des Nexus zudem die Scanner-Kasse ersetzt und mit dem angeschlossenen Kartenlesegerät für Kreditkarten (analog iZettle oder einer Variante von Wallet) das bargeldlose Bezahlen selbst in der „kleinsten Hütte“ möglich wird (Geschäftsmodelle: Transaktionsgebühren und/oder Vermittlungsgebühr). Den Warenausgang übermittelt das System wieder an die Google Shopping-Suche. „Das Produkt ist aktuell nicht mehr verfügbar, kann aber auf Wunsch für Sie bestellt werden“ (Geschäftsmodell: Leadgenerierung).

Was wäre wenn … Google auch noch gratis eine smarte, schlanke CRM-Anwendung dazu packen würde? Mit der stationäre Einzelhändler Kundendaten und Transaktionen generieren und verwalten sowie z. B. ein eigenes Kundenbindungsprogramm aufsetzten, Coupon-Aktionen erstellen oder E-Mail-Marketing-Kampagnen fahren können. Google könnte die Kunden-, Transaktions- und Performance-Daten (anonymisiert) analysieren, interpretieren, auswerten, und aggregiert dem Händler wichtige individuelle und allgemeine Consumer- und sowie Kommunikations-Trends, just in Time, zur Verfügung stellen(Geschäftsmodell: Informationsdienste).

Und was wäre wenn … Google, last but not least (denn wenn man schon mal so weit in den Handel vorgedrungen ist, kann man den Sack dann auch gleich ganz zu machen) dem stationären Einzelhändler auch noch alle relevanten Komponenten für eine erfolgreiche eCommerce-Strategie zur Verfügung stellen würde. Zum Beispiel in Form eines kostenlosen Web-Shop-Interfaces für die Händler-Website. Bonitätsprüfung und Logistik-Dienstleistungen würden an einen national agierenden Partner vermittelt (Geschäftsmodell: Vermittlungsprovision). Payment und Couponing kämen von Google selbst. Web-Shop-Daten gehen in die Google Shopping-Suche (Geschäftsmodell: Product Listing Ads) – der Kreislauf beginnt von vorn.

Das eine derart vollständige Dienstleistungskette für den stationären Einzelhändler nicht nur nützlich ist (Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, Professionalisierung der Geschäftsprozesse, ganzheitliche Servicekette, etc.) sondern im Zuge der zunehmenden Digitalisierung absolut überlebenswichtig sein wird, ist nachvollziehbar und einleuchten.

Für Google ist die Entwicklung des Systems und dessen Bereitstellung, angesichts des enormen und vielfältigen Erlöspotentials sowie der einmaligen Chance, auch in der realen Welt eine Vormachtstellung bei der Verteilung von Consumer-Strömen zu erlangen, von unschätzbarem Wert. Zudem füllt diese Strategie, die (wenigen) verbliebenen Lücken in der Wertschöpfungskette von Google und verbindet eine Vielzahl von (eigenen und zugekauften) Google-Services zu einer ganzheitlichen und stringenten Service-Kette für Händler und Konsumenten.

Konsumenten? Ach ja. Die. Und was haben die davon? Im Zuge von SoLoMo (ich bevorzuge lieber den Begriff „gesellschaftlicher Dreiklang“ – social, mobile, local) und auf dem Weg zum Omni-Channel-Shopper profitieren diese gleich dreifach:

  • ganzheitliche Produktvielfalt – der ganze Markt im Netz, an einem Ort (mehr Vielfalt)
  • integriertes, hybrides Einkaufserlebnis – von der Suche bis zum Bezahlen (für mich der Inbegriff von smart Shopping) (mehr Effizienz)
  • angesichts der Transparenz und des sich verschärfenden Wettbewerbs viele, viele weitere Preisvorteile (mehr Vorteile).

Man darf also gespannt sein, was Google sich noch so alles einfallen lässt um uns das Leben (das Konsumieren) noch leichter leichter zu machen. Mit dem Kauf von Incentive Targeting hat Google erst heute wieder einen weiteren wichtigen Schritt in diese Richtung gemacht. Das offizielle Statement lautet dementsprechend: „Wir freuen uns, gemeinsam mit Incentive Targeting den Verbrauchern dabei zu helfen, Zeit und Geld zu sparen – und Einzelhändlern zu ermöglichen, relevante Rabattaktionen an die richtige Zielgruppe auszuliefern“.

von Pierre Schramm, CEO, SKA Network GmbH

pierre.schramm@ska-network.com'

von Pierre Schramm

Pierre ist Experte für Digital Leadership und strategisches Marketing in den digitalen Medien. Er verfügt über langjährige Managementerfahrung in der digitalen Wirtschaft sowie in rennomierten Verlagshäusern.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert