Kein anderer zentraler Aspekt der Unternehmensführung hat sich in den vergangenen 15 Jahren so radikal verändert wie das Marketing. Das gilt auch oder insbesondere für das Marketing ökosozialer Marken. Der Einfluss der digitalen Transformation wirkt sich dabei geleichermaßen auf Marketingstrategien, -Taktiken, -Instrumente sowie Arbeitsweisen und Ressourcen aus.

Vom Green Marketing zum New Marketing 2.0 für Green Brands

Die Digitalisierung stellt dabei die Grundpfeiler unserer Konsumgesellschaft infrage, wie sie in diesem Ausmaß einem Paradigmenwechsel gleich kommt. Sie verändert radikal die Art und Weise wie Konsumenten mit Produkten, Informationen und letztendlich ‚Werbung‘ im Alltag umgehen. Sie verhilft diesen heute zu einer nie zuvor gelebten Souveränität, zu einer ‚gefühlt‘ uneingeschränkten Transparenz und zur Emanzipation von meinungsbildenden zentral operierenden Leitmedien – und von Marken.

Für das Marketing haben die rasant voranschreitenden Veränderungen im Konsumverhalten und -Bewusstsein bzw. im Umgang mit Medien und Technologien daher weitreichende Folgen! Denn, die Digitalisierung bringt nicht nur lediglich neue Formate und Kanäle hervor, sie schafft gänzlich neue Spielregeln und bestimmt neue Standards die heute mehr denn je vom Konsumenten vorgegeben werden!

Für Green Brands liegen in diesen neuen Spielregeln und Standards enorme Potentiale und Chancen, insofern es ihnen gelingt, den internen Transformationsprozess mit der dafür notwendigen Konsequenz zu vollziehen. Gelingt ihnen das, dann ist dies die einmalige Chance aus der Nische hervorzutreten, neue Qualitätsstandards für verantwortungsvolles Marketing zu setzen und der Nachhaltigkeit vom Trend zur Selbstverständlichkeit zu verhelfen.

Vom Green Marketing in der ideologischen Nische zum Marketing in einer ganzheitlich, nachhaltigen Welt

Der Begriff Green Marketing suggeriert, dass es sich dabei um ein alternatives Marketingkonzept für ein besonders nachhaltig und umweltbewusst konsumierende Zielgruppe handeln würde – also eine Nische in der Gesetze und Spielregeln herrschen die für konventionelle Unternehmen und Verbraucher nicht gelten.

Bis Ende der 90er Jahre mag diese Interpretation dieses Marketingbegriffs vielleicht zutreffend gewesen sein, denn die Anfänge des ökosozialen Konsums Anfang der 70er Jahre waren insbesondere durch ganz bestimmte Stereotypen geprägt, mit denen sich konsumorientierte Verbraucher seinerzeit nicht im Vergleich sehen wollten.

Bis in die 90er Jahre hinein wurde der Begriff des „Ökos“ maßgeblich mit Stereotypen wie Männern mit zotteligen Bärten und Frauen in selbstgestrickten Wollpullis assoziiert. Er hatte noch rein gar nichts von seinem heutigen Spirit des modernen, ökosozialen bewussten und gesunden Lifestyles. Er stand vielmehr für eine Gruppe von Menschen die übermäßigen Konsum kategorisch verweigerten, nicht selten in isolierten Gemeinschaften und Kommunen lebten und sich lautstark gegen das politische Establishment aufzulehnen wussten.

Heute ist der Jutebeutel ein modernes Lifestyle-Accessoire, gehören Körner und Rohkost für viele Verbraucher zu den Essentials einer gesunden und ausgewogenen Ernährung und der Einkauf im Bio-Supermarkt ist für viele, vor allem für Großstädter, zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Im Jahr 2014 wurden in Deutschland fast 8 Mrd. Euro mit Bio-Lebensmitteln[1] (von insgesamt 186,8 Mrd.[2]) umgesetzt, der Anteil der erneuerbaren Energien an der deutschen Bruttostromerzeugung lag bei rd. 25,8%[3] und mehr als 5,5 Mio. Konsumenten[4] kauften fast ausschließlich bzw. überwiegend ökologisch erzeugte Produkte und Dienstleistungen.

Statistik: Bevölkerung in Deutschland nach Umfang des Einkaufs von Bioprodukten bzw. Produkten aus kontrolliert ökologischem Anbau von 2010 bis 2014 (in Millionen) | Statista
Quelle: Statista.de – mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Nachhaltiges Bewusstsein und ökosozialer Konsum ist demnach inzwischen nicht nur in der Mitte der Gesellschaft angelangt sondern breitet sich durch alle Gesellschaftsschichten und Einkommensklassen überproportional und rasant aus. Die Segmentierung dieser Zielgruppe nach Neo-Ökos, Öko-Yuppies oder LOHAS (Lifestyle of Health und Sustainability), wie sie in der Übergangszeit vom „Fundi“ zum Lifestyle-Öko notwendig war, scheint demnach überholt und verliert dementsprechend an Bedeutung. Dies macht deutlich, dass auch im Marketing die Zeiten des Öko-Nischen-Denkens vorbei sind. Vielmehr haben sich im Zuge der Marketing-Evolution Trends und –Konzepte entwickelt, die auf der Metaebene ansetzten und das sich allgemein ändernde Konsumentenverhalten und –Bewusstsein ganzheitlich erfassen und diesem Rechnung tragen.

Die Methoden und Mechanismen des Green Marketing fassen diese Entwicklung demnach nicht ausreichend genug –New Marketing orientiert sich vielmehr über alle Konsumententypologien hinweg an Konzepten, die vordergründig Werte, Sinn und Emotionen vermitteln und die Vergemeinschaftung von Gleichgesinnten fördert.

So wie es im eigentlichen Sinne etwas wie „Digitales Marketing“ nicht wirklich gibt, sondern das Marketing heute von den vorherrschenden Mechanismen in der zunehmend digitalisierten Welt geprägt ist, so gibt es nach dieser Definition auch kein isoliert zu betrachtendes „Green Marketing“. Letztendlich bedienen sich Unternehmen der Green Economy derselben Marketing-Instrumente wie ihre konventionellen Pendants. Ob ihrer speziellen, durch Nachhaltigkeit und Wertesysteme geprägten DNA, haben sie in Sachen New Marketing jedoch einen entscheidenden Vorteil und die deutlich bessere Ausgangssituation – sie müssen sich diese lediglich verstehen und sich im Sinne aller zu Nutze machen.

[1] Vgl. BÖLW e. V., Die Bio-Branche 2015, 2015, S. 15 (PDF Download)
[2] Vgl. BVE e.V., Anteile am Lebensmittelumsatz im Einzelhandel 2014, 2015
[3] Vgl. Agentur für Erneuerbare Energien e.V., Strommix in Deutschland 2014, 2015
[4] Vgl. VuMA 2013, Anteil von Bioprodukten am Einkauf bis 2013, 2010-2013


 Teil 2 dieser Serie

Digitale Transformation – Unterstützer im Wandel zu mehr nachhaltigem Konsum

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pierre.schramm@ska-network.com'

von Pierre Schramm

Pierre ist Experte für Digital Leadership und strategisches Marketing in den digitalen Medien. Er verfügt über langjährige Managementerfahrung in der digitalen Wirtschaft sowie in rennomierten Verlagshäusern.

2 Comments

  1. peter.hahn@talents-net.de'

    Guter Artikel Pierre. Gilt aber m. E. nicht nur für Green Brands. Und was hat es eigenzlich mit Green Brands aus sich? Wenn ich mir zum Beispiel Rankings wie das hier von Interbrand (http://interbrand.com/wp-content/uploads/2015/08/Interbrand-Best-Global-Green-Brands-2014-Overview-8.pdf) ansehe, dann findet sich dort in den Top 50 keine einzige Green Brand. Wie kann es sein, dass die ersten 4 Plätze allesamt von Klimakillern aus der Automobil Industrie finden – wären sie echte Green Brand, würden sie keine Autos mit Verbrennungsmotor produzieren. Oder?

    Antworten

    1. pierre.schramm@ska-network.com'

      Hallo Peter, danke für Deinen Kommentar. In der Tat, mit den Green Brands ist das so eine Sache. Es verwundert uns auch immer wieder, dass in solchen Global Green Rankings immer wieder konventionelle Marken als Grünste Marken gekürt werden. Das sieht beim Green Brands Ranking von der Agentur „Green Brands Organisation Limited“ http://www.green-brands.org schon ganz anders aus. Zu dem Thema Autoindustrie (wie würde ein Vision/Mission Statemnet eines echten Grünen Automobilhersteller aussehen) kommt in den kommenden Tagen ein Post im Rahmen dieser Artikel Serie. Hast Du denn schon unseren Newsletter abonniert?

      Antworten

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