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Seit Anfang der 50er Jahre wurde die Marketing-Evolution maßgeblich durch 3 Epochen geprägt, die auch als Marketing 1.0, 2.0 und 3.0 bezeichnet werden. Das Zeitalter des Marketing 1.0 war geprägt von einem ausschließlichen, produktorientierten Massenmarketing, welches durch die Industrialisierung getrieben und den vorherrschenden Verkäufermarkt begünstigt auf Effizienz und Profitabilität durch Vereinheitlichung setzte. Der Produktnutzen stand im Vordergrund der Kaufentscheidung. In der Kundenbeziehung war das Unternehmen der Souverän, da es etwas anzubieten hatte, dass der Konsument dringend benötigt, und dass alternativ nicht leicht zu beschaffen war.
Wie sich Digitalisierung auf die Marketing Evolution auswirkt.
Das änderte sich in der Ära des Marketing 2.0 durch den Einzug der Informationstechnologie, durch das rasant ansteigende Überangebot und durch die Individualisierung von Produkten radikal – die Ära des kundenorientierten Marketings brach an. Diese Ära war überwiegend durch Käufermärkte geprägt in dem das Angebot zunehmend die Nachfrage überstieg und Unternehmen Konsumenten anlässlich dieser Entwicklung immer stärker in den Entwicklungsprozess und in Unternehmensentscheidungen einbanden ohne jedoch ihre Souveränität an diese abzugeben – letztendlich ging es in dieser Phase des Marketing vordergründig noch immer darum, durch Positionierung und durch gezieltes Targeting mehr Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen als der Markt tatsächlich benötigte.
Seit Ende der zweitausender Jahre befinden wir uns in einem allgemeinen radikalen Wandel, der die Green Economy als auch konventionelle gleichermaßen voll erfasst und der durch Wertesysteme und Vergemeinschaftung geprägt ist. Diese Ära wird (erstmals) hauptsächlich durch den Konsumenten oder besser durch die Gesellschaft geprägt und wird insbesondere durch die Digitalisierung und ihre Möglichkeiten der Transparenz, der Partizipation und der Kollaboration beflügelt. Nach Jahrzenten der Zuvielisation[1] und des, durch „Penetrationsmarketing“ und Medien getriebenen Konsumzwangs, befinden wir uns heute in einer Zeit, in der der Konsument der Souverän ist und Unternehmen bei der Transformation zur Nachhaltigkeit regelrecht vor sich hertreibt.
Digitalisierung und die Marketing Evolution [2]
Marketing 1.0 Produktorientiertes Marketing | Marketing 2.0 Kundenorientiertes Marketing | Marketing 3.0 Werteorientiertes Marketing | |
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Epoche | Anfang der 50er bis Ende der 70er Jahre | Anfang der 80er Jahre bis Mitte 2000 | in Progress |
Externe Treiber | Industrialisierung | Informationstechnologie | Digitalisierung und New-Wave-Technologien |
Souverän in der Kunden/Anbieter-Beziehung | Unternehmen | Unternehmen - Konsumenten | Konsumenten - Unternehmen |
Konsumenten-Typologie | Käufer | Kunden | Gemeinschaft |
Nutzenorientierung | Produktnutzen | Kundennutzen | Gemeinwohl |
Kundenmanagement | Massenproduktion und -Vermarktung | Positionierung + Individualisierung | Vergemeinschaftung (social Relationships) |
Kaufimpuls | Bedarfsdeckung | Vorteile | Werte, Sinn und Emotionen |
Ziel | Produkte verkaufen | Kunden zufrieden stellen und binden | Nachhaltiges Wirtschaften/ die Welt verbessern |
Produktmanagement | 4P’s (Marketing Mix) | 4P’s + Tripple Bottom Line | Tripple Bottom Line + Nachhaltige Co-Creation |
Marketing für nachhaltige Unternehmen, Marken und Produkte ist anders. Es ist authentisch, aufrichtig und verfolgt höhere Ziele! Denn der Zweck der Existenz nachhaltig agierender Unternehmen geht weit über den reinen Produkt- und Kundennutzen bzw. das Streben nach Gewinnmaximierung hinaus. Nachhaltige Unternehmen verfolgen weniger exzessiv profitorientierte Ziele. Nachhaltige Marken sind Bindeglied zwischen Wirtschaft und Verbrauchern und zwischen Gesellschaft und Planet zugleich – ihnen kommt hier die Rolle des Intermediär und Botschafter zu.
Deshalb stehen nachhaltige Unternehmen in der Pflicht, sicherzustellen, dass wo immer sich eine ökologische Alternative anbietet und notwendig ist, Konsumenten und Kunden im Sinne der Gesellschaft und des Planeten, mit allen gebotenen und lauteren Mitteln, für sich zu gewinnen – sei es direkt für die eigenen Produkte und Dienstleistungen oder eben für das große Ganze, was den Erfolg gleichgesinnter Wettbewerber mit einschließt – für wahrhaft nachhaltige Unternehmen steht das Allgemeinwohl stets vor dem eigenen Unternehmenserfolg.
In der Zielhierarchie steht demnach auch das „Allgemeinwohl für Gesellschaft und dem Planeten“, vor dem Beitrag zu mehr „nachhaltigem und verantwortungsvollem Konsum“, vor dem „eigenen Unternehmenserfolg“.
Pyramide der Ziel-Hierarchie
Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, ist es jedoch auch für nachhaltige Unternehmen unerlässlich, wirtschaftlich erfolgreich zu sein – sprich dessen Produkte und Dienstleistungen möglichst breit und flächendecken zu vermarkten.
In der Praxis bedeutet dies, das eigene Marketing-Management dahin gehend zu überprüfen und ggf. zu optimieren, indem, wann immer es eine ökosoziale Alternative für ein Produkt oder eine Dienstleistung gibt, dieser der Vorzug zu geben ist. Und wann immer im Sinne des Allgemeinwohls eine Reduktion in der Produktverwendung oder gar ein Verzicht darauf die beste Option ist, proaktiv dazu beizutragen, dass weniger von einem Produkt konsumiert wird oder gänzlich darauf verzichtet wird – selbst dann, wenn es dem eigenen Unternehmenserfolg zunächst einmal augenscheinlich nicht dienlich ist.
In der Praxis wird dieser Grundsatz meist nicht ganz so radikal verfolgt, denn nur wenige Unternehmen motivieren ihre Kunden tatsächlich proaktiv dazu, weniger von ihren eigenen Produkten zu konsumieren. Doch der Trend in einigen FMCG-Bereichen ist vielversprechend. Zum Beispiel in der Leuchtmittelindustrie. Erst ersetzen Energiesparlampen die Glühbirne, heute werden sie selbst durch LEDs ersetzt, die noch langlebiger sind, noch seltener ersetzt werden müssen, umweltfreundlicher hergestellt und entsorgt werden können, vor allem aber noch viel ergiebiger und effizienter sind und dadurch geringere Betriebskosten verursachen.
Für unterschiedliche Branchen und Produktbereiche ließe sich dieser Grundsatz wie folgt in einem Mission Statement ableiten:
Mission Statements nachhaltigen Unternehmertums
Beispiel 1: Lebensmittelproduzent
Unsere Mission ist es dazu beizutragen, dass im täglichen Lebensmittelbedarf nur noch die richtigen, gesunden und guten Lebensmittel konsumiert werden und grundsätzlich auf die Falschen verzichtet wird in dem diese gar nicht mehr verfügbar sind. Deshalb haben wir unser Sortiment konsequent um alle stark zucker- und fetthaltigen Lebensmittel bereinigt und entwickeln und vermarkten nur noch solche, die ressourcenschonend, ökologisch angebaut, fair gehandelt, effizient und gesund sind.
Wir unterstützen Verbraucher dabei gesünder zu leben und ihren allgemeinen tatsächlichen Bedarf an Ernährung nur aus ganzheitlich ökologischer Produktion, bevorzugt aus der Region und/oder fair gehandelt zu decken. Deshalb unterhalten wir Kooperationen mit anderen Bio-Lebensmittelproduzenten sowie Anbietern digitaler Anwendungen die uns dabei unterstützen. Mit ihnen gemeinsam betreiben wir eine vom konventionellen Handel unabhängige E-Commerce-Plattform auf der ausschließlich nachhaltiger Produkte höchster Qualitätsstandards vertrieben werden.
Wir stellen Verbrauchern alle notwendigen Instrumente bereit, die sie dabei unterstützen nie wieder unverdorbene Lebensmittel entsorgen zu müssen, sondern diese mit anderen teilen oder spenden können. Dazu unterhalten wir bundesweit örtliche Kooperationen zu Behörden und Dienstleistern die uns bei der Vermittlung und Verteilung von Lebensmitteln unterstützen und sind Partner der Initiative Foodsharing e.V..[3]
Beispiel 2: Automobilhersteller
Unsere Mission ist eine emissionsfreie Mobilität für alle sowie die konsequente Reduktion von Belastungen für Mensch, Umwelt und Ökonomie. Deshalb stellen wir unsere Flotte konsequent auf Antriebskonzepte auf Basis erneuerbaren Energien um, erhöhen die Langlebigkeit unserer Produkte und reduzieren die Intervalle der Modellwechsel bei gleichzeitiger Erhöhung effizienzsteigernder Innovationszyklen. PS-starke Hochleistungsverbrennungsaggregate bieten wir konsequenter Weise nicht mehr an.
Im Fokus steht der Mensch und dessen Mobilität. Diese ist nicht immer zwangläufig mit einem eigenen Fahrzeug verbunden. Daher betreiben wir konsequente Aufklärung in der Mobilitätsökonomie und tragen so dazu bei, dass Fahrten die nicht nötig sind vermieden werden oder in Gemeinschaften erfolgen wann immer dies möglich ist. Dazu vernetzen wir unsere Fahrzeuge konsequent mit dem öffentlichen Nah- und Fernverkehr zeigen stets die ökobilanziell bessere Transportalternativen auf.
Um die Zahl am Straßenverkehr teilnehmenden Fahrzeuge dauerhaft zu reduzieren betreiben wir bereits heute eine Car-Pool- & Sharing-Plattform mit anderen nachhaltigen Herstellern und Mietwagen-Anbietern, die das eigene Auto dauerhaft gänzlich überflüssig machen soll. Auf dieser Plattform vernetzen wir Menschen zur Bildung von Fahr- und Autokaufgemeinschaften.
Diese beiden Szenarien verdeutlichen, welche Konsequenzen und Auswirkungen ganzheitlich nachhaltiges Unternehmertum auf das Marketing und das Wirtschaften eines Unternehmens ausübt. Nach diesem „Idealbild“ sind selbst Unternehmen, die ihren Ursprung in der ökosozialen Ideologie haben, demnach noch nicht alle vorbehaltslos konsequent nachhaltig ausgerichtet. Wäre dem so, so würden z. B. Öko-Waschmittelhersteller ihre Produkte immer effizienter gestalten und alles dafür tun, dass Zuvielberbrauch ihrer Produkte ausgeschlossen ist. Und Hersteller ökologischer Alkoholika würden konsequent auf nichtalkoholische Getränkevarianten umsteigen und Ökostrom-Anbieter durch Aufklärung und Maßnahmen zum Stromsparen den Verbrauch ihrer Kunden deutlich reduzieren.
[1] Vgl. Scherer, H./ Begemann, P., Jenseits vom Mittelmaß, 2009, S. 27
[2] Vgl. Kotler, P./Kartajaya, H./Setiawan, I., Die neue Dimension des Marketings, 2010, S. 24
[3] Vgl. Thurn, V./Bowinkelmann, F., Foodsharing e.V., Köln
Teil 3 dieser Serie
Der Weg vom Old School Marketing zum Marketing 2020
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Bildquellen
- Digitalisierung – Hierarchie der Ziele im Marketing 2020: Pierre Schramm
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