Nach der erneuerbaren Glühbirne fragen wir uns, was das alles für einen Sinn hat mit der ewigen Mülltrennung, dem Kurzduschen und dem teuren Bioeinkauf. Gerade wenn wir unter unserer kalten Halogenbeleuchtung sitzen, die im Restposten erworbenen Leuchtstoffmittel unseres Nachbarn dauerbrennen sehen und er, wie immer, seine Tüte Gemischtmüll in den Container wirft, kann das Gefühl der Sinnlosigkeit eines einzelnen Klimawandelverhinderers einen überwältigen.

Die Transition Town – das Modell einer zukunftsfähigen, ganzheitlich nachhaltigen Gesellschaft?

Transition Town Initiativen – auch Städte im Wandel genannt – begegnen diesem Gefühl in der Gemeinschaft. Die im Positiven Sinne treibenden Assoziationen hinter der Bewegungs sind die seit Jahrzehnten anhaltenden Nagativtrends: Maximierung der Ölförderquote, Globalisierung, Raubau, Artensterben und Klimawandel. Mit all ihren Bestrebungen zielen Transition Town Initiativen darauf ab, die lokale Autonomie nachhaltig zu stärken, indem sie sich unabhängig von nicht-erneuerbaren Ressourcen machen und ihre Kohlendioxidemissionen verringern.

Hinter dem Sammelbegriff „Transition Town“ verbergen sich Gemeinden, Dörfer, Städte, ganze Inseln und projektorientierte Initiativen. Der offizielle Status „Transition Town“ kann beim weltweiten Dachverband in Großbritannien beantragt werden, wenn die angestrebte Stadt im Wandel eine Reihe von Kriterien erfüllt, darunter die Bereitschaft von vier bis fünf Menschen eine Führungsrolle zu übernehmen und sich mit anderen bestehenden lokalen Initiativen zu vernetzen.

Väter der Transition Town Bewegung im Jahre 2006 sind Rob Hopkins and Naresh Giangrande. Aus ihren Bemühungen erwuchs der Dachverband „Transition Town Network“. Heute bietet das Netzwerk Schulungen für Initiativen dazu an, wie Sie den Wandel in Ihrer Gemeinde vorantreiben können.Die Bemühungen und Aktionen einer Stadt im Wandel rangieren von Basisaktionen, wie dem gemeinschaftlichen Anbau von Hochbeeten, über die Zusammenarbeit mit lokalen Firmen, um die lokale Lieferung erneuerbarer Energien zu fördern, bis hin zu der Etablierung von alternativen Währungssystemen.

Tatsächlich liegt in der Praxis der Fokus vieler Transition Towns auf dem Thema Essen. Sie legen urbane Hochbeete an, verstehen etwas von Permakultur und zielen darauf ab, sich nachhaltig mit selbst angebauten Lebensmitteln zu versorgen.Ein Schwerpunkt vieler Initiativen ist es auch, die breite Öffentlichkeit über bereits bestehende lokale Projekte und Einrichtungen mit ähnlichen Grundsätzen zu informieren. Auf der Website einer Stadt im Wandel in Thüringen findet man beispielsweise alle Läden, Cafés und Restaurants in der Stadt, die ökologisch hergestellte Lebensmittel, Kinderkleidung usw. anbieten.Die höchste Disziplin einer Stadt im Wandel ist der Entwurf und die Umsetzung eines „Energy Descent Plans“ (EDAP) in Zusammenarbeit mit der lokalen Kommune.

Gegenwärtig gehen die Planungen der meisten Kommunen weiterhin von zukünftig steigender Produktivität, Finanzkraft, Energievorkommnis und ökonomischem Wachstum aus. Mit einem EDAP geht die Transition Town Bewegung von einem Trend aus, bei dem diese Faktoren in naher Zukunft abnehmen. Die Stadt im Wandel will auf lokaler Ebene ein Plan B zur aktuellen wirtschaftlichen Abhängigkeit von Erdöl und bestehenden Wirtschaftskreisläufen liefern.

Die Transition Town: Wegweiser in eine nachhaltige Zukunft?

Seit 2006 haben sich weltweit knapp 500 offizielle Transition Town Initiativen und mindestens genauso viele noch nicht zertifizierte Städte im Wandel gegründet. Deutschlandweit sind es rund 100, viele noch in der Gründung befindlich. Es hat sich mit dem „Transition Research Network“ auch ein Forschungszweig um die Transition Town Bewegung herum etabliert.

Die Grundsätze der Stadt im Wandel Bewegung zeigen sich aber auch seit einigen Jahren in zahlreichen unabhängigen Initiativen, gerade in Ballungsräumen. So werden Kleidertauschpartys veranstaltet, das Anlegen von Kleingärten auf Freiflächen und Häuserdächern hält als „urban gardening“ Einzug in den städtischen Raum, Privatleute bieten ihre PKWs auf Carsharing-Seiten zur Vermietung an und unter dem Motto „free your stuff“ verschenken Menschen Dinge über Online-Plattformen, anstatt sie wegzuschmeißen. Downshifting, oder „freiwillige Einfachheit“, eine der Grundprinzipien von Transition Town Initiativen, zeigt sich also in zunehmendem Maße gesamtgesellschaftlich.

Die Gesellschaft bewegt sich. Die Frage ist, welche Rolle Transition Towns bei dieser Entwicklung spielen? Braucht es diese bereits vorgedachten Initiativen mit ihrem Dachverband, einer Führungsstruktur und Instruktionen dazu, wie dieser Wandel am besten zu fördern ist, um die Menschen einer Stadt zu bewegen, wenn eine bottom-up Bewegung sowieso schon im Gange ist?

Eine organisierte Bewegung bietet vor allem die Chance darauf, noch größere gesellschaftliche Aufmerksamkeit auf die Themen Klimawandel, Nachhaltigkeit und ökologische Lebensweise in der Gemeinschaft zu lenken. Noch findet die Arbeit der meisten Stadt im Wandel Initiativen an der Basis statt und ist nicht sonderlich öffentlichkeitswirksam; die MitstreiterInnen sind überwiegend Aktivisten, nicht Lobbyisten. Mit der Ausweitung ihres Bestrebens, sich zu vernetzen, zu informieren und zu beraten, birgt diese Bewegung allerdings das Potenzial, eine essenzielle gesellschaftliche Entwicklung voranzutreiben.

pierre.schramm@ska-network.com'

von Pierre Schramm

Pierre ist Experte für Digital Leadership und strategisches Marketing in den digitalen Medien. Er verfügt über langjährige Managementerfahrung in der digitalen Wirtschaft sowie in rennomierten Verlagshäusern.

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